Max Richter – Sleep
…wie ich schon in dem Artikel „Tipps an angehende DJ’s – Pt IV“ geschrieben habe, so ist das Kaprizieren auf einen einzigen musikalischen Stil auf Dauer nicht nur Langweilig, es ist für den Musikhörer aus Leidenschaft eigentlich unmöglich.
Sicherlich hat man in den verschiedenen Phasen des Lebens Präferenzen, Musik sind schliesslich Gefühle, die über die Ohren wahrgenommen werden können. Deswegen geht es in meiner ersten Rezension, so man denn unbedingt eine Schublade öffnen will, um ein Werk der modernen Klassik:
Max Richter – Sleep
Konzeptionell will der britische Komponist mit diesem achtstündigen Opus einen Kontrapunkt zur überdrehten und schnellen Welt von heute bieten, einen „Pausenknopf“, um ihn zu zitieren. Das Stück soll tatsächlich zum Einschlafen dienen, bei der Uraufführung im Berliner „Kraftwerk“ wurden im Zuschauerraum Feldbetten aufgestellt. Inspiriert von Bach’s „Goldberg-Variationen“ beschäftigte sich der 1966 in Hameln geborenene Max Richter auch mit der wissenschaftlichen Seite des Themas „Schlaf“.
Max Richter hat in den 90er Jahren mit dem Elektronik-Duo „Future Sound Of London“ an den Alben Dead Cities, The Isness und The Peppermint Tree and Seeds of Superconsciousness mitgearbeitet. In der Tradition der Minimalisten Arvo Pärt, Brian Eno, Philipp Glass und Steve Reich gelang ihm mit Sleep eine für die heutige Zeit nahezu unmögliche Provokation: nicht lauter, schneller, mehr, sondern weniger, länger und stiller.
Dieses Werk schafft, so man sich darauf einlässt, Abstand. Abstand zum Alltag, Abstand zur Hektik. Und ist dabei alles andere als langweilig und fade. Im Kopf des geneigten Hörers entstehen weite Räume, der Herzschlag beruhigt sich, Synapsen werden reorganisiert und die persönliche Wahrnehmung von Zeit verlangsamt sich deutlich.
Sleep ist eines der besten und mutigsten Projekte die mir seit Jahren untergekommen sind und unterstreicht meine obige Behauptung, dass Musik gehörtes Gefühl ist.
Und das ist in diesem Falle ein Wunderschönes. So unbeschreiblich schön, dass auch schon mal die eine oder andere Träne im Auge steht.
Hier eine Kostprobe: